18. März 2015

Dritte Wegetappe: Einblicke – Ausblicke – Blickwechsel – Den Sozialraum wahrnehmen

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Für eilige Leser und Leserinnen

Wie und mit welchen „Instrumenten“ Sie den Sozialraum erkunden können, erfahren Sie auf den nächsten Seiten. Dabei erhalten Sie Tipps für die Erhebung von „harten Daten“ genauso wie für die Erkundung von Orten und Plätzen wie auch für Interviews mit Schlüsselpersonen. Schließlich runden Hinweise zur Vorgehensweise, zur Interpretation und Dokumentation der Daten diese Wegetappe ab.

1. Was ist eine Sozialraumanalyse und was bringt Sie für die Pastoral?

Vom Raum und Räumen

Der Raum ist in unseren Zeiten ein sehr vielschichtiger, gleichzeitig diffuser und im kirchlichen Kontext ein zugleich ambivalenter Begriff. Wir sprechen vom Lebensraum, vom Territorium, von Lebenswelten, von regionalen Räumen, von Kirchenräumen und Kirchorten und gleichzeitig lösen sich reale Räume auf, Menschen bewegen sich in virtuellen Räumen. Der moderne Mensch ist weltweit unterwegs und ortsverbunden zugleich. Daneben ist der Raum für die Menschen nicht in erster Linie ein funktionaler oder kognitiver Begriff, sondern meist höchst individuell und emotional besetzt. Räume sind dann wichtig, wenn sie für den Einzelnen /die Einzelne Relevanz im Lebenskontext besitzen.

Für die pastorale Planung und Schwerpunktsetzung sind all diese vielen Räume quasi im Hinterkopf zu behalten. Sicher ist: Jede Pfarrei, jede Seelsorgeeinheit bewegt sich in einem Umfeld, in einem sozialen Raum, der für die einen kleiner und für die anderen weitläufiger ist.  In diesem sozialen Raum gibt es verschiedene und unterschiedlichste Querverbindungen genauso, wie es auch blinde Flecken gibt, z.B. Orte, die wir als Kirche nie oder selten aufsuchen, Orte, zu denen wir – aus welchen Gründen auch immer – keinen Zugang haben. 

Sozialraum und Lebensraum

Einer freien Definition nach, ist der Sozialraum der Ort,  „… an dem die Menschen leben, einen Teil ihrer Freizeit verbringen, den sie auf ihre eigen(artig)e Weise gestalten, wo sie einkaufen, Kontakte pflegen und ihr Auto abstellen.“ (Springer 1995. In: Hinte, Wolfgang: Fall im Feld)

Sozialraumorientierung geht von den Bedürfnissen und Ressourcen der Bewohnerinnen und Bewohner eines Stadtteils/einer Gemeinde aus. Sie verfolgt das Ziel, Menschen in die Gestaltung und Entwicklung des Sozialraums einzubeziehen und vernetzt die unterschiedlichsten Akteure im Sozialraum.

Im Sozialraum verbinden sich individuelle Lebensräume der Menschen im Nahbereich (Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Kultur, soziale Kontakte) mit den Lebenswelten einzelner Milieus und Nahraumbezügen, d.h. regionale Zusammenhänge. 

Lebens- oder sozialräumlich orientiertes pastorales Denken und Handeln will dem Rechnung tragen, indem es den pluralisierten Nahraum mit seiner differenzierten seelsorglichen Herausforderung wie auch die Präsenz an bestimmten Lebensraum-Orten wahr- und ernstnimmt.

Zum Weiterlesen: 

www.partizipation.at/sozialraum

TPI Mainz/BGV Trier: Fortbildung „Pastoral der Lebensräume“, Dokumentation

Was uns diese Sozialraumanalyse für die Pastoral gebracht hat …

Schon einige Pfarreien haben sich auf den Weg der Sozialraum-Analyse begeben und bei aller Unterschiedlichkeit verband sie folgende Erfahrungen: Sie entdeckten neue Räume, begegneten Menschen, denen Sie zuvor nie oder kaum mehr begegnet waren, fingen an zu verstehen …

  • dass und wie die Menschen in der Pfarrei ganz unterschiedlich tickten.
  • wie unterschiedlich die Lebenswelten der Menschen sind.
  • dass Angebote der Pfarrei nur einen kleinen Teil der Gemeindemitglieder erreichen können.
  • wie gerne sich Menschen angesprochen und wichtig genommen fühlen.
  • wie wichtig und gleichzeitig schwierig eine offene und eine vorurteilsfreie Haltung Anderen und Fremdem gegenüber ist.
  • dass dies der erste Schritt ist, den Menschen nahe zu sein und passgenaue Angebote zu entwickeln.

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2. Leitfaden Sozialraumanalyse

Gehen Sie auf Erkundungstour und entdecken Sie neu, wo Menschen in Ihrer Pfarrei/Seelsorgeeinheit leben. Folgende Fragen helfen Ihnen, bei all der Vielfältigkeit des Sozialraums den roten Faden nicht zu verlieren.

Struktur des Sozialraums

  • Welche Menschen leben in der Gemeinde?  Ein Blick auf die demographische   Struktur/Religionszugehörigkeit/Nationalitäten.
  • Wie leben die Menschen? Wie sind die Siedlungsformen?
  • Wo/wie leben und halten sich bevorzugt Familien, Jugendliche, alte Menschen auf? 
  • Wo arbeiten die Menschen? Welches Gewerbe/Betriebe gibt es?
  • Wie ist die wirtschaftliche Situation? Wo kaufen die Menschen ein? 
  • Welche Geschichte liegt „hinter“ dem Sozialraum bzw. prägte ihn?

Angebotsstruktur

  • Welche Institutionen sind im Stadtteil vorhanden (in verschiedenen Bereichen)?
  • Wer macht welche Angebote für welche Zielgruppen, Öffnungszeiten etc.?
  • Welche kulturellen, religiösen Angebote, welche Freizeitangebote gibt es vor Ort?
    Wer macht sie und wer nimmt sie wahr? 
  • Welche Vereine, Gruppierungen, Verbände mit welchem Profil gibt es?
  • Wer sind die Bildungsträger (Kindergärten, Krippen, Schulen, vhs ..., Ausbildungseinrichtungen, Horte) und was bieten sie an?
  • Welche Behörden existieren vor Ort?
  • Kooperationen und Netzwerke: Welche Einrichtungen arbeiten wo und wie zusammen? 
  • Welche Konflikte im Sozialraum gibt es?
  • Wer sind die „Schlüsselpersonen“ des gesellschaftlichen Lebens und wo leben sie?

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3. Tipps zur Sozialraumanalyse

  • Halten Sie Ausschau nach Institutionen, mit denen Sie evtl. auch Interviews führen können, legen Sie eine Liste relevanter Institutionen z.B. in Bezug auf Kinder und Jugendliche an.
  • Vielleicht hören Sie in Gesprächen von interessanten Personen (Schlüsselpersonen), mit denen Sie ein Interview machen können!
  • Welche interessanten Orte fallen Ihnen im öffentlichen Raum auf, die Sie vielleicht später einmal genauer unter die Lupe nehmen könnten!
  • Senden Sie Kundschafter aus, die sich ein Bild machen, z.B. von einem Orts-/Stadtteil.
    Diese Kundschafter können dies ganz pragmatisch mit einem Fotoapparat tun.
  • Suchen Sie relevante Sozialstrukturdaten, entweder beim Jugendamt oder bei anderen städtischen Ämtern (Amt für Wahl und Statistik, falls vorhanden). Es lohnt ein Klick auf:
    www.statistik.bayern.de
  • Nehmen Sie Kontakt mit Caritasstellen auf und fragen Sie dort nach deren Kenntnissen und Erfahrungen zum Sozialraum.
  • Recherchieren Sie im Internet oder in der Literatur über die Geschichte des Sozialraums (Heimatforschung etc.). 
  • Versuchen Sie ein „Gefühl“ für den Sozialraum zu bekommen. Nehmen Sie sich Zeit, setzen
    Sie sich auf Bänke, lassen Sie die Situation auf sich wirken und beobachten Sie!
  • Und nicht vergessen: dokumentieren Sie!!!

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4. Datenerhebungen

Viele Daten lassen sich leicht und ohne viel Aufwand erheben. Sicher gibt es auch bei Ihnen in der Pfarrei/Pfarrverband/im Team Menschen, denen es Spaß macht, sich in die verschiedenen Tabellen einzuarbeiten, zu vertiefen und später grafisch darzustellen. 

Statistik kommunal

Einen ersten Überblick über die Situation der Stadt bzw. Kommune bietet die Statistik kommunal. Hier finden Sie für jede Kommune in Bayern Zahlen zu: Bevölkerung (Entwicklung und Altersstruktur), Wahlen, sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer, Gemeindefinanzen, Steuern, Wohnungsbestand/-bau, Flächenerhebung und Bodennutzung, Landwirtschaft, Verarbeitendes Gewerbe, Gewerbeanzeigen, Bauhauptgewerbe, Straßenverkehrsunfälle, Fremdenverkehr, Kindertageseinrichtungen und Schulen, Einrichtungen für ältere Menschen, Sozialhilfe, öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung.

Die Zahlen basieren im Wesentlichen auf der Statistischen Datenbank des Landesamts und werden jährlich fortgeschrieben. Im Internet unter www.statistik.bayern.de stehen sie kostenlos für jede Gemeinde und jede Stadt zum Download zur Verfügung. Viele der Statistiken sind bereits als Diagramme sehr anschaulich.

Angebote des FB Pastoralraumanalyse (Stand: November 2014)

Der Fachbereich Pastoralraumanalyse liefert folgende Daten bzw. Quellen, die Ihnen – je nach Fokus Ihrer Analyse – bei der Sozial- und Pastoralraum-Analyse dienlich sein können:

Angebote des FB Pastoralraumanalyse (Stand: November 2014)

Harte und weiche Daten

Bei all diesen Zahlen handelt es sich um sog. harte Daten. Diese Daten basieren in der Regel auf verlässlichen Zahlen, sie sind jedoch auch interpretationsbedürftig. Damit sie aussagekräftig werden, ist es sinnvoll, sich Vergleichsdaten zu besorgen (z.B. Wie hoch ist die Anzahl an Pendlern in einer ähnlich strukturierten Gemeinde?) und sie zusammen mit mehreren Personen auszulegen. Dies ist wichtig, um unterschiedliche Blickwinkel zu berücksichtigen und sich auf eine gemeinsame Deutung zu einigen. Dies ist schon der erste Schritt, um gemeinsam pastorale Konsequenzen daraus abzuleiten.

Würde man nur die harten Fakten analysieren, hieße das, nur eine Seite der Medaille „Wirklichkeit“ zu betrachten. Dass die Situation so ist wie sie ist, hat mit Geschichte, Entwicklungen und Personen zu tun, die die Kultur eines Orts, des Umgangs miteinander etc. prägen. Diese sog. weichen Daten zu erheben, geschieht durch Befragungen, Erzählungen, Rückmeldungen. 

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5. Interviews mit Schlüsselpersonen

Sehr aufschlussreich können Interviews mit sog. Schlüsselpersonen aus dem Lebensraum sein, wie z.B. mit Bürgermeistern, Vereinsvorständen …

Hier mögliche Fragen an die Verantwortlichen in der Kommune, die sich in anderen Sozialräumen bereits bewährt haben. 

1. Wie sehen Sie die Stadt-/Gemeindeentwicklung der nächsten Jahre in Bezug auf

  • Zu- und Wegzug
  • Wachstum (Gewerbegebiete, Bebauung …)
  • Wirtschaftliche Entwicklung
  • Freizeitverhalten der Menschen
  • Verhältnis Stadt – Landgebiete

2. Wie wird sich die Stadt/Gemeinde entwickeln bzgl. der Standortfaktoren

  • Kitas/Horte
  • Schulen/Ganztagesbetreuung
  • Seniorenwohn-/Pflegeheime/Einrichtungen für Senioren
  • Einkaufssituation/Einkaufsverhalten
  • Freizeitstätten
  • Erhalt der Landschaft/Naturschutz/Naherholung

3. Der Demographische Wandel wird auch unsere Stadt/Gemeinde betreffen. Worauf muss sich die Stadt/Gemeinde einstellen und welche Maßnahmen will sie ergreifen (Wohnformen im Alter, Angebote für Senioren, Aktivsenioren und bürgerschaftliches Engagement)?

4. Wie beurteilen Sie die Situation der Jugendlichen in unserer Stadt/Gemeine?

  • Welche Bedeutung hat die Jugendarbeit für die Stadt/Gemeinde/in den Vereinen?
    Inwiefern ist sie über die Stadt/Gemeinde vernetzt?
  • Welche Rolle spielt kirchliche Jugendarbeit?

5. Wo sehen Sie „Problemzonen“ …
Insbes. in Bezug auf

  • Soziale Schichtung- Wer/wo sind die Menschen am Rande?
  • Arbeitslosigkeit
  • Suchtprobleme

6. Wie beurteilen Sie die Situation der Migranten?

7. Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit von Stadt und Pfarrei/Pfarrverband ein?

8. Ihre Erwartungen an die Pfarrei …
In welchen Bereichen sollte die Pfarrei stärker engagieren/wo eher zurückhalten?

 

Verschicken Sie die Leitfragen bereits im Vorfeld an die zu interviewende Person. So kann sie sich vorbereiten und das Gespräch kann konzentrierter ablaufen. Wenn Sie die Zeit für das Gespräch auf ca. 1. Stunde beschränken, erhöht sich einerseits die Bereitschaft zum Interview andererseits vermeiden Sie so, dass sich das Gespräch im Allgemeinen verliert.

Wichtig ist auch, dass Sie der interviewten Person offen legen, in welcher Form das Gespräch dokumentiert wird. Möglich ist eine Aufzeichnung, die anschließend transkribiert wird oder ein Gesprächsprotokoll. Auf alle Fälle sollten Sie beides für die weitere Verwendung autorisieren lassen. Informieren Sie auch über das weitere Vorgehen bzw. den Fortgang des Prozesses.

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6. Runde Tische und Stadtteil-/Gemeindeerkundungen

Runde Tische

Runde Tische zu konkreten Themenbereichen oder Problemlagen, wie etwa die Kinderbetreuung oder die Situation der älteren Generation sind hervorragend geeignet, ein Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und Menschen zu vernetzen.

Stellen Sie eine Liste mit allen relevanten Personen dieses Bereichs in Ihrem Umfeld zusammen. Im Bereich Kinderbetreuung sind das: Leitungen von Kindertagesstätten, Krippen, Kindergärten, Eltern-Kind-Gruppen, Horte, ggf. die Trägervertretungen dieser Einrichtungen. 

Es hat sich bewährt, dass die Pfarrei/der Pfarrverband selbst zum Runden Tisch einlädt und dabei die Themen nennt, die sie näher erörtern wollen – ohne jedoch zu sehr einzuschränken.

Wichtig ist, dass Sie die Statements der Teilnehmer/innen am Runden Tisch sowie wichtige Aussagen und Ergebnisse schriftlich festhalten. Für eine spätere Dokumentation empfiehlt sich auch eine Fotodokumentation.

Die Orte und ihr Gedächtnis

„Orte haben ein Gedächtnis. Sie erinnern sich an alles als sei es in Stein gemeißelt, tiefer als der tiefste Ozean. Ihre Erinnerungen sind wie Wanderdünen, deren Sand vom Wind immer weiter getrieben ist. … Wir werden sie brauchen, die Orte, um nicht orientierungslos zu werden und um uns nicht tatsächlich für die Schöpfer der Welt zu halten.“ (1)

Eine gute Gelegenheit die Orte des Sozialraums intensiv wahrzunehmen, bieten Stadtteil- und Gemeindeerkundungen. Im Pfarrverband Laim wurden zusammen mit dem Münchner Bildungswerk dazu zwei verschiedene Modelle bereits erprobt: „Laimer Begegnungen. Streifzüge durch den Stadtteil und zu seinen Menschen“ und „Generationenspaziergänge“. Unter dem Motto „Zeig mir dein Laim! Waren die dort lebenden Generationen  eingeladen, mehr voneinander zu erfahren. Insgesamt drei Generationenspaziergänge fanden bisher statt, vorbereitet einmal von Seniorinnen unter dem Motto „Verbinden und Verbandeln“, einmal von der Generation der Babyboomer und sodann von Jugendlichen zum Thema „Tatort Laim“. 

Die Seniorinnen führten durch wenig bekannte Straßen. Dabei kam man ins Gespräch, wie es z. B. früher im Pfarramt der Notkirche Zwölf Apostel zuging, das in der Wohnung des Pfarrers untergebracht war. Zeitzeugen erzählten von mühsamen Versuchen, eine Straße nach ihm zu benennen. 

Die Babyboomer begannen ihren Spaziergang an der Fürstenrieder Schule, die schon Generationen von Schülerinnen und Schülern kennen und früher jeweils einen eigenen Eingang für Buben und für Mädchen hatte. Später wandelte die Gruppe auf weiteren Spuren, die der Architekt Theodor Fischer in Laim hinterlassen hat, z.B. Reihenhäuser, die wahre Platzwunder sind. Zum Schluss öffneten sich die Türen des privaten Laimer Schlössls mit seinen zahlreichen Raritäten. 

Die Jugendlichen haben ihren Generationenspaziergang in einer Art Postenlauf gepackt, mit
vielen Aufgaben, die die Kleingruppen lösen mussten, um den mysteriösen Fall dieses „Tatort Laim“ zu lösen. 

Die Laimer Begegnungen führen jedes Mal zu interessanten Orten, an denen jeweils eine Führung stattfindet, wie z.B. eine Führung durch den Waldfriedhof zu 20 Grabstätten von Laimer Persönlichkeiten, über eine Laimer Fassfabrik und dem Besuch der Seniorenresidenz am Westpark mit Zeitzeugengesprächen bis hin zur Fraunhofer Gesellschaft.

Daraus ist noch ein weiteres Projekt entstanden: Kirchenräume, hier führen Verantwortliche vor Ort durch „ihre“ Kirche.

Für nähere Informationen steht Ihnen gerne Karin Wimmer-Billeter unter
kwimmer-billeter@muenchner-bildungswerk.de zur Verfügung.

(1) Wim Wenders, Auf der Suche nach Bildern – Orte sind meine stärksten Bildgeber, in: Christa Maar / Hubert Burda (Hg.), Iconic turn. Die neue Macht der Bilder, Köln 2004, S. 300.302.

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7. So gelangen Sie ans Ziel

Ihre Lupe – was wollen wir wissen?

Damit Sie nicht in der Datenflut ertrinken, überlegen Sie bzw. im Projekt-/Steuerungsteam/im PGR zuerst, was Sie gerne näher, sozusagen mit einer Lupe genauer anschauen wollen. Tun Sie das nicht, werden Sie schnell im Wust von Daten die Orientierung verlieren, weil Daten auch gewichtet und beleuchtet werden wollen. Das heißt nicht, Ergebnisse vorweg nehmen zu wollen.  

Eine Haltung der Offenheit, Ehrlichkeit und die Bereitschaft zum Lernen ist dafür unabdingbar.

Ihre Brille – Wie gehe ich an die Sache ran?

„Das Schwierigste ist das zu sehen, was sich vor unseren Augen befindet“, sagt der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Einerseits sind wir oft zu sehr mit den Gedanken der Vergangenheit oder Zukunft beschäftigt, so dass wir für die augenblickliche Situation keine Aufnahmebereitschaft mehr haben, andererseits bestimmt die eigene Einstellung zu den Dingen ganz wesentlich die Ergebnisse. Man kann an eine Situation ganz unterschiedlich herangehen: defizitorientiert oder ressourcenorientiert,  optimistisch oder pessimistisch etc. 

Überlegen Sie ehrlich: Mit welcher Brille schaue ich mir die Dinge an?

Der erste Schritt – Was wollen Sie zuerst angehen?

Haben Sie Ihre Ressourcen im Blick. Machen Sie lieber mehrere Teilschritte und beginnen Sie mit dem, wovon Sie sich die meisten Erfolge versprechen und das Ihnen mit Ihren Mitstreiterinnen am leichtesten umsetzbar erscheint oder wofür Sie am höchsten motiviert sind.  

Sich Hilfe von außen zu holen, z.B. für die Moderation eines Runden Tisches, für die Anleitung zu einem Stadtteilspaziergang etc. wirkt oft entlastend und lässt schneller zum Ziel kommen. Zudem haben Sie damit auch die Chance, eine Außensicht einzuholen. 

Es ist nichts frustrierender als wenn Sie sich ein großes Projekt vornehmen, das sich endlos dahinschleppt.

Prioritäten setzen und beteiligen

Es macht viel mehr Spaß, wenn alle am Prozess Beteiligten in dieser Zeit der Analyse Priorität einräumen. 

Hier kann es auch ratsam sein, eine Projektgruppe zu bilden, die Spaß am Auswerten, Entwerfen von Fragebögen, Statistiken und Diagrammen hat. Das verteilt die Arbeit auf mehrere Schultern und es  werden unterschiedliche Blickwinkel in die Analyse miteinbezogen.

Verantwortlichkeiten klären

  • In vielen Prozesse hat sich bewährt folgende Fragen im Vorfeld zu klären und auch festzuhalten:
  • Wer bestimmt Ziel und Inhalt der Analyse?
  • Wer ist für die Analyse zuständig (evtl. eigenständige Projektgruppe) und wer wird noch miteinbezogen?
  • Wer ist für Datensammlung evtl. für einzelne Teilpakete zuständig?
  • Wer übernimmt die Aufbereitung der Daten?
  • Wer ist zuständig für die Kommunikation nach „außen“ (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) und „innen“?
  • Wer wertet die Ergebnisse aus,  interpretiert die Daten und entscheidet über den weiteren Weg?

Zum Weiterlesen: 

Sehen, was ist. Ermutigung zu Schritten der Analyse im Seelsorgebereich. Arbeitshilfen für die Gemeindepastoral, Heft 2, Erzbischöfliches Ordinariat Bamberg

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8. Die Analyse dokumentieren - Ergebnisse sichern

Es gibt sehr vielfältige Möglichkeiten der Dokumentation Ihrer Analyse – sie reicht von einer Präsentation der Ergebnisse über Excel-Listen und Fotodokumentationen. Wichtig ist nur, dass bei jedem Schritt klar ist, wer dafür zuständig ist und dass am Ende alle Dokumentationen in ihrer Verschiedenartigkeit gesammelt werden. So entsteht beim Gehen Ihre Analyse-Dokumentation. Ein Team kann sich beispielsweise auch die unterschiedlichen Teile aufteilten, die wichtigsten Ergebnisse zusammenschreiben und diese dann miteinander diskutieren. Hilfreich für den Prozess ist es, Hypothesen als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen zu bilden.

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9. Impuls zum Nachdenken: Die Weisheit der Fischer

In einer brasilianischen Basisgemeinde von Fischern stellte jemand die Frage:

„Warum suchte sich Jesus diese Fischer aus, um sie zu seinen engsten Jüngern zu machen?“

Nach einiger Zeit des Nachdenkens gab ein anderer folgende Antwort: „Wer sich zu Land bewegt, baut als erstes eine Straße und asphaltiert sie. Danach wird er immer wieder diesen Weg benutzen. Ein Fischer aber sucht die Fische dort, wo sie sind. Deshalb sucht er jeden Tag einen neuen Weg. Ihm kommt es darauf an, die Fische ausfindig zu machen. Es kann ja sein, dass der Weg von gestern nicht zu den Fischen von heute führt.“

Quelle unbekannt

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