18. März 2015

Erste Wegetappe: Die geistlichen Kräfte aktivieren – mit der Bibel im Gespräch

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Für eilige Leser und Leserinnen

Hier erhalten Sie Hinweise und methodische Anregungen, wie Sie den Weg Ihres Pastoralkonzeptes von Anfang an als geistlichen Prozess verstehen und (mit-)gestalten können.

1. Der Weg des Pastoralkonzepts als geistlicher Prozess – auf die Einstellung kommt es an

Der Weg des Pastoralkonzeptes wird ein geistlicher Prozess, wenn Sie das Vertrauen haben, ...

  • dass es Gottes schöpferischer Geist ist, der die Kirche (vor Ort bei Ihnen und weltweit) durch die Herausforderungen der Zeit und die dadurch ausgelösten Veränderungsprozesse vorantreibt. 
  • dass der Hl. Geist selbst der Beistand ist, der uns lehrt, diese Anforderungen wahrzunehmen, immer besser zu verstehen und darauf zu antworten.
  • dass Gottes Weisung auf verschiedenen Wegen vernommen werden kann: im Wort der Hl. Schrift, im gläubigen Gespür einzelner Christen, im gemeinsamen Ringen um den richtigen Weg, im Entdecken der in der Kirche vorhandenen Gaben und Ressourcen.

Zentral für das Gelingen eines geistlichen Prozesses ist deshalb eine Grundhaltung des Hörens und des Wahrnehmens: hören auf das Wort Gottes in der Verkündigung der Kirche genauso wie auf die Zeichen der Zeit; hören auf die eigenen inneren Regungen (Freude, Zorn, Zuversicht, Trauer ...) genauso wie auf die Stimmen und Meinungen der anderen – und auch der „ganz anderen“, also auf die, die außerhalb der gewohnten eigenen Kreise zu finden sind.

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2. Am Beginn des Weges: Die inneren Bilder heben und miteinander teilen

Jeder hat sein eigenes „Kino im Kopf“, innere Bilder und Vorstellungen, die für ihn in irgendeiner Weise leitend sind. Auch ohne und vor jedem ausdrücklich formulierten Pastoralkonzept haben Sie  schon innere Konzepte, bewusste oder unbewusste Vorstellungen davon, was aus Ihrer Sicht wichtig oder weniger wichtig ist, was getan werden muss oder gelassen werden kann, was auf Zukunft hin wichtig oder weniger wichtig sein könnte. 

Beginnen Sie den Weg des Pastoralkonzeptes in Ihrem Pfarrverband, Ihrer Pfarrei oder Ihrer Einrichtung damit, dass Sie diese inneren Bilder erkunden, heben und miteinander ins Gespräch bringen. Begeben Sie sich in Ihrem Pfarrgemeinderat, in Ihrem Seelsorgeteam, in Ihrem Arbeitskreis, in ihrer Gruppe in Gespräche zu der Frage:  In welchem biblischen Text, in welchem Bild, in welcher Szene (aus dem Alten oder Neuen Testament) entdecke ich etwas von der Situation und dem Auftrag der Kirche heute und hier? „Hier“ ganz konkret verstanden: in Ihrer Gemeinde, Ihrem Pfarrverband, Ihrem Team, Ihrer Einrichtung – in der Einheit, für die Sie zuständig sind und in der Sie Verantwortung tragen.

Möglicherweise kommen Ihnen mehrere geeignete Bibelstellen in den Sinn. Versuchen Sie, sich in Ihren jeweiligen Teams, Konferenzen, Gruppen und Gemeinschaften auf jeweils ein bis zwei Textstellen zu verständigen. Erzählen Sie einander, was Sie zur Wahl eines Textes bewegt hat, warum sie ihn für geeignet halten, welche Erfahrungen und Einsichten darin Widerhall finden. Tauschen Sie Ihre Gedanken aus. Erkunden Sie, ob dabei so etwas wie eine gemeinsame Sichtweise entsteht, oder ob es eher verschiedene Pole gibt, die sich ergänzen oder auch miteinander in Spannung stehen. 

Dokumentieren Sie Ihre gefundenen Texte, Bilder und die Gedanken, die für Sie in diesem Prozess entscheidend waren. Auf diese Weise entsteht eine biblisch-theologische Grundlegung Ihres Pastoralkonzepts. 

Der Anfang geht immer mit und prägt den weiteren Weg. Blicken Sie während der nächsten Etappen  immer wieder einmal auf die anfangs gefundenen Texte und Bilder zurück und nehmen Sie wahr, ob und wie sie sich unterwegs wiederfinden.

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3. Warum (nur) biblische Texte und Bilder?

Manchen mag der Zugang über biblische Texte als zu schwierig erscheinen, z.B. weil Sie das Gefühl haben, sich in der Bibel nicht gut genug auszukennen um eine Auswahl treffen zu können.

Wenn dies so sein sollte, dann beschränken Sie die Auswahl nicht auf die Bibel, sondern nutzen Sie auch das, was Ihnen und Ihrer Gruppe leichter zugänglich erscheint. Das können z.B. Filme sein, Werke der bildenden Kunst, Songs, Gedichte ... Der Weg des Pastoralkonzeptes ist Ihr Weg. Nehmen Sie das, was Ihnen besser hilft, um miteinander über Ihre inneren Konzepte ins Gespräch
zu kommen. 

Dennoch hat die Bibel als Bezugspunkt einen besonderen Wert. Sie bewahrt eine unübertroffene Breite und Vielfalt von individuellen und gemeinschaftlichen Glaubenserfahrungen.  Sie lässt uns teilhaben an einem breiten und tiefen Strom von Erfahrungen glaubender Menschen mit ihrem Gott – durch alle Höhen und Tiefen der Geschichte hindurch. Sie ist allen Christen die verbindende Urkunde des Glaubens, aber nicht als starrer Kodex, sondern gerade auch in ihren manchmal widersprüchlich klingenden Aussagen. 

Mit Mehrwert ist zu rechnen. Es gehört zur Erfahrung geistlicher Schriftlesung, dass das Wort der Heiligen Schrift unerschöpflich ist und – hörend gelesen – uns immer wieder über unser Vor-Verständnis hinausführen kann.

Dafür ist es nicht nötig, die ganze Bibel zu kennen. Im Sinne eines Wortes des Gründers von Taizé, Frère Roger Schutz, genügt auch das Wenige, das man kennt und verstanden hat, um in die Spur des Ganzen zu finden.

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4. Warum kein vorgegebenes diözesanes Motto?

Das Projekt „Pastoral planen und gestalten“ verzichtet darauf, ein zentrales geistliches Motto auf Diözesanebene vorzugeben. Wir vermeiden es auch, vorab bestimmte biblische Modellgeschichten besonders anzubieten. Wir nehmen so von Anfang an ernst, dass die Entwicklung bei Ihnen vor Ort stattfindet. Jede Vorgabe von Texten oder Bildern könnte vorab selektieren oder manipulieren.

Aber: Wir sind sehr interessiert daran, welche Texte, Bilder, Geschichten vor Ort jeweils gefunden und gewählt werden. Es wäre interessant zu erfahren, ob es Texte gibt, die besonders häufig genannt werden. Diese könnten dann in ein diözesanes Motto münden, aber eben nicht als Vorgabe, sondern als Ergebnis vieler Gesprächsprozesse vor Ort.

Wir bitten Sie deshalb, Ihre Texte dem Projetteam zu melden (pastoral-gestalten@eomuc.de). Jedem Text sollte eine kurze Begründung beigefügt sein, warum die Wahl auf ihn fiel. Stichworte genügen. Jeder eingereichte Text soll aus einem gemeinsamen Gesprächsprozess hervorgegangen sein. Keine Vorschläge von Einzelpersonen.

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5. Der Weg des Pastoralkonzepts als geistlicher Prozess – eine Frage der Prozessqualität

Es ist Gottes Schöpfergeist, der die Kirche durch die Herausforderungen der Zeit und die notwendigen Veränderungsprozesse vorantreibt. Ein geistlicher Prozess ist ein Prozess, in dem die Beteiligten sich für die Anregungen des Hl. Geistes offen halten. Das bedeutet auch, von den eigenen Lieblingsideen und vorgefassten Meinungen immer wieder einen Schritt zurückzutreten und auch ungewohnten Sichtweisen und Gedanken Raum zu geben. 

Diese Haltungen können durch eine gute Prozessqualität methodisch unterstützt und gefördert werden:

  • Beteiligen Sie die Betroffenen, ermöglichen Sie die Beteiligung vieler!
    Ihr Pastoralkonzept wird umso stärker und nachhaltiger, je mehr Personen und Gruppen daran beteiligt werden und es mittragen. Die Beteiligungsformen sollen differenziert und angemessen sein. Wer muss gehört, befragt, miteinbezogen werden? Wer kann zur Mitarbeit gewonnen werden? 
  • Entschleunigen Sie immer wieder einmal. Planen Sie Pausen ein!
    Beratungs- und Entscheidungswege in Gruppen sind zeitaufwändig. Unterbrechungen und Pausen sind keine verlorene Zeit. Im Gegenteil: Oft geschieht das Wesentliche in der Pause.
  • Ermöglichen Sie Resonanzräume. Nehmen Sie Nachklänge ernst!
    Resonanzräume und Feedbackschleifen erweitern und vertiefen die Wahrnehmung. Ist eine Erkenntnis oder eine Entscheidung auch im Nachklang noch tragfähig? 
  • Machen Sie Entscheidungsstrukturen und Kommunikationswege transparent.
    Klären Sie Zuständigkeiten und Aufgaben!
    Die Zeit, die man für diese Klärungen aufwendet, ist gut investiert. Wer braucht welche Informationen? Wie wird der Informationsfluss gesichert? Wo liegen die Verantwortlichkeiten für eine Entscheidung bzw. für ihre Umsetzung?
  • Pflegen Sie einen wertschätzenden Umgang!
    Die Bereitschaft, den anderen verstehen zu wollen, ist eine wesentliche Voraussetzung gemeinsamer Entwicklung. Ein wertschätzender Umgang mit dem, was bisher gewachsen und geworden ist, ist die Voraussetzung dafür, Neues zu wagen und anzunehmen. Dazu gehören auch ein fruchtbares Umgehen mit Ängsten und Widerständen und eine Kultur des Abschiednehmens.
  • Nutzen Sie Unterstützungsangebote!
    Externe Begleitung entlastet Sie in Ihrer Verantwortung für die Prozessqualität. Gemeindeberater/-innen sind Fachleute für die Gestaltung von Kommunikations- und Entwicklungsprozessen und stehen Ihnen auf Anfrage zur Verfügung.
    (siehe: www.gemeindeberatung-muenchen.de)

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6. Geistliche Prozesse in der Bibel und der geistlichen Tradition der Kirche – ein paar Hinweise

Die Bibel und die geistlichen Traditionen der Kirche enthalten vielfältige Anregungen und Inspirationen für das Gelingen geistlicher Prozesse:

  • Die Exodustradition und die Exilstexte im Alten Testaments reflektieren tiefgreifende Veränderungszumutungen des Volkes Israel als Weg Gottes mit seinem Volk.
  • Die Reich-Gottes-Gleichnisse und Wundererzählungen der Evangelien ermutigen zum Vertrauen in die Kraft kleiner Anfänge und die Möglichkeit großer Aufbrüche. 
  • In den neutestamentlichen Briefen und in der Apostelgeschichte hat sich das Ringen der jungen Gemeinden zwischen Bewahrung des Ursprungs und Voranschreiten in die Zukunft vielfach niedergeschlagen.
  • Der hl. Benedikt, dessen Regel mit dem Wort „Höre!“ beginnt, leitet dazu an, eine Kultur des Hörens und der Aufmerksamkeit je individuell und in Gemeinschaft einzuüben und zu entwickeln.
  • Das Leben und Wirken des hl. Franz von Assisi bietet ein Beispiel kreativer und innovativer geistlicher Praxis inmitten epochaler gesellschaftlicher und kirchlichen Veränderungen. 
  • Der hl. Ignatius ist ein Lehrmeister geistlicher Entscheidungsfindung.  Wichtige Momente und Elemente der ignatianischen Methode lassen sich auch in Gruppen und Gremien anwenden.

 

Literaturhinweise: 

Wegen Umbau geöffnet. Biblische Perspektiven für eine Kirche von morgen, Zeitschrift Bibel und Kirche, Heft 2/2013 (www.bibelwerk.de)

Paul Zulehner / Eckehard Rossberg / Anna Hennersberger, Mit Freuden ernten. Biblisches Saatgut für Zeiten und Prozesse des Übergangs, Ostfildern 2013.

Cornelius Bohl OFM, Change Management bei Franz von Assisi, in: Thomas Dienberg, Markus Warode, Bernd Schmies (Hg), Veränderungen als Chance begreifen, Fusionsprozesse in Orden, Kirche und Gesellschaft, Band 1, Theologische und spirituelle Aspekte, Münster 2012.

Bernhard Waldmüller, Gemeinsam Entscheiden, Reihe: Ignatianische Impulse Band 27, Würzburg 2008.

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